Episode VIII: Finnland, Åland-Inseln

Wer einen Grund sucht, nach Skandinavien zu fahren, sollte einfach mal eine Schiffstour durch die Schären machen. Unsere Fähre von Naantali nach Långnäs (🤥) tuckert gemütlich eng zwischen hunderten von kleinen Inseln vorbei in Richtung Åland. Die ersten zwei, drei Seemeilen werden wir von einem Lotsenschiff begleitet. Die flachen Felsinseln, mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, selten ein paar einzelne Häuser, sind unfassbar schön. Einige sind nur einige Quadratmeter groß, andere wiederum ein ein paar Hektar. Auf unserer Überfahrt gibt es dann plötzlich ein Gewitter. Das Licht ist unglaublich. Mit einem fürchterlichen Krachen schlägt direkt neben uns ein Blitz ein. Aber es geht schnell vorbei, und die Sonne schaut wieder hervor. Bald erreichen wir unser Ziel: Långnäs auf den Åland-Inseln.

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Kleine Anmerkung: Da Porsche auf der Fähre unter Deck gestanden ist, hat der GPS-Tracker kein Signal bekommen. Wir sind natürlich nicht schnurgerade durch die Schären gefahren, sondern im wunderschönen Zickzack.

Während der Vorbereitung dieser Reise hatte ich überlegt, ob wir den großen Umweg über den Bottnischen Meerbusen machen sollen, also 1000 km durch finnische Wälder nach Norden und auf der schwedischen Seite wieder zurück. Als Alternative bot sich an, abzukürzen und stattdessen auf dem direkten Weg zwischen Helsinki und Stockholm die Ålandinseln zu besuchen. Obwohl diese Inseln genau zwischen diesen beiden Nord-Metropolen liegt, sind sie bei uns relativ unbekannt. Das mag daran liegen, dass sie politisch und militärisch uninteressant sind (wie schön etwas sein kann, wenn es uninteressant ist!).

Hier haben die Deutschen ausnahmsweise mal nicht mitgemischt. Dafür die Russen umso mehr. Und jetzt kommen auch langsam die Dänen ins Spiel, die auch nicht immer Freunde der Schweden waren. Aber trotz allem: laut Beschluss des Völkerbundes 1921 ist die Inselgruppe demilitarisiert und seit 1922 weitgehend autonom. In diesem Jahr feiern sie hier also ihren 100. Geburtstag der Unabhängigkeit. Sogar die Polizei feiert mit, wie man auf dem Bild sehen kann.

Allerdings gehört Åland rechtlich zu Finnland. Man spricht schwedisch und die Flagge ist die schwedische, mit einem roten Kreuz innerhalb des gelben Schweden-Kreuzes. Sie haben hier auch ein eigenes Autokennzeichen und eine eigene Internetendung: .ax.

Auch steuerlich hat Åland einen Sonderstatus, deshalb sind der Fremden- und der Fährverkehr die Haupteinnahmequelle, neben verschiedenen hochwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. An Åland kann man schön sehen, wie man solche Nationalitäts- was soll ich sagen? -probleme? Eben nicht: es sind nämlich keine Probleme sondern eher Besonderheiten – und das meine ich in positivem Sinne. Also nochmal: An Åland kann man schön sehen, wie man solche Nationalitäts-Besonderheiten friedlich löst, ohne sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Insofern eine passende, sehr positive Episode unserer Reise!

Wie man auf der Karte sehen kann gibt es keine Hauptinsel, sondern man wechselt ständig über Brücken oder mit kleinen Fähren von einer auf die andere Schäre. Es ist hier wunderschön. Wir versuchen, Åland mit den estnischen Inseln zu vergleichen, aber das geht kaum. Einiges ist schon ähnlich, aber es fühlt sich hier anders an, vielleicht etwas rauher, mehr Steine. Es fällt mir schwer, es mit Worten zu beschreiben, deshalb hier einige Fotos:

Ich bin bei meinen vorbereitenden Recherchen zufällig auf ein kleines Hotel gestoßen, welches früher ein Mädchenpensionat war. Es liegt ruhig abseits der Landstraße in einem ganz kleinen Ort namens Kvarnbo, nahe der Küste. Gastgeber sind Ella und Martin. Die Einrichtung ist echt alt und liebevoll arrangiert. Man hat wirklich den Eindruck, um 100 Jahre zurückversetzt zu sein. Das Frühstück ist hervorragend – mit meiner neuen Lieblingsspeise Aronia-Kompott. Wer das kennt, möge dazu sein Lieblingsrezept im Kommentar veröffentlichen; hier ist das von Ella aus Kvarnbo: Aronia lange köcheln lassen, gewürzt mit Portwein, Anis und Vanille.

Unser Gastgeber Martin ist dazu noch Oldtimer-Fan und hat jede Menge lustiger Fahrzeuge. Den roten englischen Bus hat ihm sein Schwiegervater zu Weihnachten geschenkt. Überhaupt scheint mir hier auf Åland die Dichte von amerikanischen Riesenschlitten aus den 50er und 60er Jahren höher als anderswo auf der Welt – einschießlich den USA. Der Garten unseres Pensionats ist ein Museum, die Werkstatt ein Wimmelbild: „Ich hab‘ hier doch irgendwo noch eine passende Unterlegscheibe“.

Dass Martin eine tolle Oldtimer-Werkstatt sein eigen nennt, hat einen weiteren Vorteil: leider hat sich nämlich die Lichtmaschine von Porsche verabschiedet, obwohl sie gerade mal zwei Jahre alt ist. Wir haben dann einem von Martin vermittelten VW-T1-Bus Besitzer eine Lichtmaschine von einem alten Käfer abgekauft. Stefi und ich haben sie dann eingebaut nach SMS-Kurzanweisung von Pit:

…und festgestellt, dass sie gar nicht richtig passt. So mussten wir dann alles zurückbauen und hoffen, das Problem in Stockholm zu lösen. Ich habe schon einen Ersatzteilhandel in Stockholm gefunden, bei dem es das Teil gibt. Porsche fährt zwar noch gut, aber die Batterie lädt eben nicht nach. Dieses Kapitel ist also noch nicht erledigt. Die gute Laune verderben lassen wir uns dadurch nicht, im Gegenteil: wieder etwas gelernt!

21. August: Heute gehen wir mal Fahrrad fahren. Ups, es regnet in Strömen. Die Landwirte rund herum freuen sich auf den ersten Regen seit Wochen und wir freuen uns mit ihnen, indem wir einen Lese-Strick-Blogschreibe-Ruhetag einlegen. Wenn es zwischendurch mal aufhören sollte zu regnen, gehen wir ein bisschen raus.

Regen – Blick aus unserem Hotelzimmer

Jetzt sind wir doch noch mal kurz zur Kastelholm gefahren, einer schön restaurierten Burg aus dem 14. Jahrhundert. Im Lauf der Zeit hat sie öfter den Besitzer gewechselt. Sogar schwedische Bruder-Zwiste wurden hier ausgefochten. Lange Zeit waren auch die russischen Zaren die Herrscher hier, was man ganz schön an der Architektur einiger Gebäude erkennen kann:

Und schon morgen geht es weiter nach Stockholm. Aber irgendwann einmal möchten wir hierhin zurückkommen – mit mehr Zeit.

Zum ersten Artikel dieses Blogs: https://projekt912.cordes-netzwerk.de/baltic-grand-tour-2022/

2 Antworten auf „Episode VIII: Finnland, Åland-Inseln“

  1. Sehr interessant und aufschlussreich die Geschichte mit den Äland-Inseln! Und noch dazu eine offensichtlich sehr schöne Region.
    Euch wünsche ich eine schöne Weiterreise!

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